Friday, December 15, 2006

Abschied aus Jerusalem

Abschied von Jerusalem
15. Dezember 06

Wie immer bei Abschieden sind es die unerwarteten Ereignisse, die uns ans Herz gehen. Auf vieles sind wir vorbereitet, das soll uns nicht aus der Fassung bringen. Aber da sitze ich im Bus. Zwei Reihen vor mir schauen zwei kleine Augen zwischen den Rücksitzen zu mir. Ein Kindergesicht, für mich nur im Ausschnitt zu sehen. Das Kind tut, was seine Mutter nie tun würde: Starrt mich unverwandt an. Ich zwinkere mit den Augen. Das Kind lacht. Die Mutter sagt was, die Augen werden zurückgezogen. Sie kommen wieder, erwartungsvoll. Ich bewege zwei Finger und die Augen wandern jetzt zwischen meiner Hand und meinem Gesicht hin und her. Es sind wunderschöne Augen, mandelförmig, braun und neugierig. Sie lassen mich nicht los. Und da passiert es: Mir wird klar, wie viel mir fehlen wird, wenn diese Busfahrten, die Wege, die ich gegangen bind, diese Stadt nur noch ein Stück meiner Vergangenheit sein werden. Sie werden mir fehlen, die Menschen, denen ich hier begegnet bin.

Oder ich stehe, um ungestört telefonieren zu können, über dem Hang mit den Olivenbäumen, das Gästehaus hinter mir. Es ist Abend. Die Lichter der östlichen Vorstädte fließen hinunter, in die Richtung des Toten Meeres. Und weit weg und hoch am Himmel, den Sternen näher als der Stadt, werden dünne Streifen von Lichtern erkennbar. Dort oben, jenseits des Jordangrabens, auf den Bergen Moabs, leben auch Menschen, Nachbarn der Israelis und der Palästinenser. Es ist wie ein Gleichnis, das zeigen will, dass auch über der tiefsten Depression, wie die Geologen das Tal 400 Meter unter Meeresspiegel nennen, ein Leben ist, Licht, das von Leben zeugt. Ein schmerzhaftes und versöhnliches Gleichnis. Es fällt mir schwer, es zurück zu lassen.

Am Morgen steige ich endlich auf den Turm der Auferstehungskirche, der mich von Anfang an gerufen hat. Er bildet den höchsten Punkt von Jerusalem und lässt einen weit in die Runde blicken. Ich sehe mich um, in alle Himmelsrichtungen. Bis Ramallah im Norden und bis Bethlehem im Süden kann ich sehen. Großstadt, Vorstädte, all das Chaos einer zu schnell gewachsenen Stadt und Wüste, gelbes Hügelland, das hinab fließt, baum- und strauchlos, karg und schön. Vom Küstenland im Westen, in dem mein Sohn heute Geburtstag feiert, sehe ich nur den Dunst. Aber ich sehe auch den Kontrollpunkt, an dem wir so oft gestanden und gebangt haben, ob die Patienten, die Männer in Arbeitskleidung, die Pilger, die zum Gebet in die Heilige Stadt wollten, ob wir selbst durch gelassen werden. Ich sehe die Soldaten vor mir und spüre das innere Bangen, ob sie gleich ihr freundliches oder ihr angst besetztes Gesicht zeigen. Und ich sehe die Ruinen unter mir, in der letzten Straße vor dem Zaun, der hier bald durch die Mauer ersetzt sein wird.

Diese Ruinen sind frisch. Ihr Anblick bringt mir die Verwirrung meiner Gefühle ins Bewusstsein. Ich war dabei, als dieses Haus abgerissen wurde, als die Soldaten mit ihrem Bulldozer abgezogen wurden, als die Familie zurückkehren konnte. Ich habe Fotos von der Zerstörung gemacht, von den Möbeln und Gerätschaften, die in aller Eile aus dem Haus geräumt und in eine Ecke des Hofes getragen worden waren. Ein Foto ist dabei von der Waschmaschine, in der die Wäsche noch auf den nächsten Waschgang wartet. Wo wird diese Familie Weihnachten feiern? Wem helfen meine Tränen, die der Wind hier oben auf dem Turm der Auferstehungskirche trocknet?

Weihnachten. Ich werde zuhause sein. Aber die Fragen werde ich mitnehmen: Ist Jesus in einer Ruine geboren worden? Oder im Zeitoon-Kontrollpunkt, auf der Durchreise zum Auguste-Viktoria-Krankenhaus, wo die Mutter zu lange warten musste? Solche Fälle hat es gegeben. Sind die Hirten einem Licht gefolgt, das sie für einen Stern hielten und das sie dann zum Gottes- und Menschensohn geführt hat, zu einer unvermuteten Behausung in der lebensfeindlichen Nacht? Und hatte Jesus nicht auch diese schönen Augen, die uns aus den Gesichtern der Kinder hier entgegenblicken, mandelförmig, braun, neugierig und bereit, zu lachen?

Ich werde Weihnachten zuhause feiern. Aber ich werde auch predigen. Ich werde meine Rundumsicht vom Ölberg mitnehmen. Die Geburt Jesu, denke ich, öffnet uns jedes Jahr einen neuen Blick auf unser eigenes Leben und auf das unserer Mitmenschen. Sie lässt uns unsere eigene Geburt und die unserer Kinder in einem neuen Zusammenhang sehen. Das kostbare neue Leben, das uns in der Weihnachtsgeschichte gezeigt wird, weckt unsere Liebe und Fürsorge und unsere Erwartung neu. Das Elend, das wir sehen, wird zur Herausforderung, nicht zur Verzweiflung. So ein Weihnachtsfest braucht dieses Land.

Weihnachten heißt im Arabischen: Eid il-mil’ad, Fest der Geburt. Normalerweise braucht das Wort „Geburt“ keinen Artikel. Aber „die“ Geburt, il-mil’ad, ist die Geburt Gottes. In diesem Sinne werde ich Menschen auch zuhause in Deutschland zurufen können: Eid il mil’ad sa’id – Ein glückliches Fest der Geburt!

Sunday, December 10, 2006

flower power

Flower power

Wer kennt sie noch, die Zeit, in der junge Menschen sich dem Dogma der Abschreckungsstrategen entgegen gestellt und Blumen an Soldaten verschenkt haben? Die Macht der Blumen – das war ein Slogan gegen den kalten Krieg und ein Bekenntnis zum Leben. Vor einigen Tagen habe ich eine Demonstration beobachtet, die unter dem Titel „Blumen Pflücken“ veranstaltet wurde. Gemeint war eine Blume, die zum Beginn der Regenzeit blühen müsste, eine gelbe Krokusart mit dem hebräischen Namen Chelmonit. Gepflückt oder gesucht werden sollte die Blume in einem Tal unterhalb Jerusalems, im Osten, wo die Berge wüst sind und zum Toten Meer hin abfallen. Auf dieser Höhe hat das Tal einen schmalen fruchtbaren Talboden. Und hier fängt das Problem an.
Beiderseits des Tals liegen kleine palästinensische Dörfer, Um Tuba und Al Khas auf der einen und An Nu’man auf der andern Seite. Im Talboden teilen sich die Familien dieser drei Dörfer die fruchtbaren Felder. Wunderschöne Olivenbäume und einige kleinere Gemüsegärten sind dort angelegt. Die Olivenhaine sind jetzt sorgfältig gepflügt und zeigen, was für schöne rotbraune Erde dort aufgeschwemmt ist. Ringsum die Hänge sind steinig und nur hier und da von niedrigem Buschwerk aufgelockert. Einige Familien leben von den Feldern dort unten am Talgrund.
Die Demonstranten kommen von außerhalb, zum Blumenpflücken, wie sie sagen. Sie sind Bewohner eines Settlements und sie wollen bis zu den Feldern laufen. Allerdings werden sie auch dort die gelb blühenden Chelmonit nicht finden. Das ist nur der Name, den sie ihrem Protest geben wollen, weil sie dann keine polizeiliche Genehmigung brauchen. Sie wollen den Ausbau einer Schnellstraße fordern, die ihr Settlement außerhalb Jerusalems mit den großen Settlements innerhalb der Grenzen Jerusalems, Har Homa und Har Gilo, verbinden soll. Ich muss hier das Wort „Settlement“ verwenden, weil kein deutsches Wort die Bedeutung wiedergeben würde, die dieses Wort hierzulande hat.




Aber d ie Settlements sollen nicht Thema dieses Berichts sein, sondern die Straße. Eine Schnellstraße, breit soll sie sein, den Personen- und Güterverkehr soll sie aufnehmen und eine große Kontrollanlage muss sie haben, denn hier muss sie die Grenze zwischen der Westbank und dem annektierten Ostjerusalem überschreiten. Die Kontrollanlage wird schon sichtbar. Aber die Straße endet bislang an dem fruchtbaren Talgrund. Noch stehen die gut gepflegten Olivenbäume, geschützt von der Sperranlage, die hier als Zaun durch das Bergland verläuft.

Es geht also um eine Straße. Und darum, dass die Dörfer mit dieser Straße noch mehr als jetzt schon voneinander getrennt werden. Die jüdischen Siedler wollen ihre Straße. Die großen Planer wollen mehr: Sie wollen die jüdischen Siedlungen außerhalb Jerusalems mit denen innerhalb verbinden. Sie wollen ein Straßennetz schaffen, mit dem das Palästinenserland hier faktisch zerstückelt wird. Dann können die Siedler aus dem jüdischen Bergland in 10 Minuten in Jerusalem sein. Die Siedlungen können dann weiter wachsen. Gut für die Siedler. Darum sind sie heute unterwegs.

Wir stehen an diesem einsamen Kontrollpunkt und versuchen, uns das Szenario vorzustellen, wie die Demonstration ablaufen, wie sie von der Polizei gelenkt werden und wie sie von den Dorfbewohnern beantwortet werden wird. Wir sind drei Ökumenische Freiwillige aus Jerusalem und zwei aus Bethlehem. Wir begleiten heute die vier Vertreter von Ta’ayush, einer Organisation, die gefährdete palästinensische Dörfer schützen will. Es sind Efrat, Amiel, Juri und Tamar. Wir kennen sie von anderen Aktionen. Bevor wir in das Tal gegangen sind, wo die „Grenzstation“, die Straße und die Felder sind, haben wir uns mit den Dorfbewohnern von An Nu’man unterhalten, das heißt, mit ihrem Sprecher, Jussuf. Und von diesem Dorf muss ich auch erzählen, damit die Demonstration der Siedler, die nicht Blumen, sondern ihre Straße wollen, in ihrem ganzen Zusammenhang erscheint.

Das Dorf An Nu’man gehört zur Westbank, zum Bethlehemer Bezirk. Aber die Sperranlage, die weder auf der Grünen Linie, der Grenze von 1967, noch nach Sicherheitsgesichtspunkten gebaut worden ist, hat diesen Ort Jerusalem zugeordnet. Das Dorf, die Häuser und die Felder liegen im annektierten Jerusalem, also in Israel. Die Bewohner haben aber grüne Ausweise, die sie der Westbank zuordnen. Tatsächlich werden sie eingeordnet als Palästinenser, die illegal in Israel wohnen. Aber die Häuser, in denen sie wohnen, gehören ihnen. Sie sollen umgesiedelt werden, so sagt ein Gerücht. Die Kinder müssen durch die Grenzkontrolle zur Schule in Al Khas gehen. Einkaufen dürfen sie nur den Tagesbedarf, weil Handel in diesem „illegalen“ Ort verboten worden ist. Einen Laden gibt es nicht. Zu Ärzten und Krankenhäusern würde ihr Feldweg sie in den nächsten Jerusalemer Vorort bringen. Aber dieser Feldweg ist durch eine Schranke gesperrt. Sie dürfen ihn eigentlich nicht benutzen. Aber da einige Dorfbewohner blaue Ausweise haben, also eine Jerusalemer Identität, wird ihre Fahrt nach Jerusalem geduldet. Mütter mit blauen Ausweisen bringen ihre Kinder auf diesem Weg gelegentlich nach Jerusalem, illegal, ins Krankenhaus oder zum Einkaufen. Offiziell gilt: Wird einer der Bewohner von An Nu’man krank und braucht einen Arzt oder einen Krankenwagen, muss er oder sie ins Tal gebracht werden, durch den Checkpoint und nach Bethlehem zum Arzt.

Es gibt die Geschichte von der Schafherde, die geimpft werden musste. Der Impfstoff war da, der Tierarzt und sein Helfer waren da, aber sie wurden nicht durch die Kontrolle gelassen. Am Ende mussten die Schafe ins Tal zur Grenze gebracht werden. Und auch dann ging es nicht weiter. Schließlich hat der Schafhirte aus An Nu’man jedes Schaf umständlich an die Sperranlage manövriert und der Tierarzt aus Bethlehem musste das palästinensische Schaf, das nach Ansicht der Behörden illegal im Jerusalemer Gebiet lebt, durch den Zaun hindurch impfen.

Das ist eine skurrile Geschichte, über die man lachen und den Kopf schütteln kann. Der Staat Israel als Besatzungsmacht und seine Bürokratie und die Freiheit der Soldaten zur Schikane spielen hier ein Stück, das zwischen Tragödie und Komödie changiert. Aber das Lachen vergeht dem Zuhörer, wenn er die anderen Geschichten der Dorfbewohner hört: Ein 12jähriges Mädchen musste, um von der Schule nachhause gehen zu dürfen, vor den Soldaten tanzen. Eine schwangere Frau musste ihren Bauch entblößen und zeigen, dass es ein Bauch und kein Sprengsatz war. Ein Bauer ist zusammengeschlagen und dann auf seinen Esel gebunden worden. Der Esel ist in Panik davon galoppiert und hat den Mann hinter sich hergeschleift. Der Mann hat das nicht überlebt. Leider haben diese Geschichten vor Gericht keine Beweiskraft, weil sie nur Geschichten sind, ohne Beweismaterial, Fotos, Namen. Wir haben im wunderschön angelegten kleinen Vorgarten von Jussuf gesessen, auf seinem Rasen, und haben uns die Geschichten angehört und uns gefragt, wo die Dorfbewohner ihre Angst wegen der drohenden Zwangsumsiedlung – ihr Land soll dem Ausbau des großen Settlement von Har Homa geopfert werden – und ihre Wut über die Schikanen, denen sie ausgeliefert sind, hin stecken.

Zurück zur Demonstration, die als Ausflug zum Blumenpflücken deklariert war. Unsere Partner von Ta’ayush hatten befürchtet, die Settler würden mitten durch das Dorf marschieren wollen. Darum hatten sie uns gebeten, mitzukommen, um das zu dokumentieren und um sicherzustellen, dass die Polizei die Dorfbewohner schützen würde. Aber nun waren wir beruhigt, weil die Demonstration nur unten im Tal vonstatten gehen würde. Wir standen also noch am Kontrollpunkt, um uns ein Bild vom zu erwartenden Szenario zu machen. Und hier kam das Vorspiel.

Ein Off izier kam auf uns zu, fragte, wer wir seien und was wir wollten. Er wies uns an, zu verschwinden. Efrat hatte die Sprecherrolle übernommen. Amiel übersetzte für uns. Er übersetzte das Wort verschwinden sinngemäß, es sei ein deftiges Wort gewesen. Wir gingen etwa 300 Meter zurück, vom Kontrollpunkt und von der Demonstrationsroute entfernt, denn die Weisung, hier keine Provokation für die Demonstranten zu schaffen, machte ja Sinn. Der Offizier war aber nicht zufrieden, er wollte uns ganz und gar aus der Szene heraus haben. Er gab über sein Telefon Anordnung, im Dorf oben die Schranke in 20 Minuten zu schließen. Soviel Zeit wollte er uns geben, den Hang hinauf und durch das Dorf und auf der andern Seite zu „verschwinden“. Dem widersprachen die israelischen Beobachter und verlangten eine rechtlich abgesicherte Begründung für diese Anweisung. Dem Offizier folgten nun ein halbes Dutzend Soldaten. Ich gebrauche jetzt das Wort „Soldaten“, obgleich es sich um Grenzpolizei handelte. Die Grenzpolizei ist in die Armee eingegliedert. Die jungen Männer sind in ihrer Ausrüstung und in ihrem Verhalten von Soldaten nicht zu unterscheiden. Die jungen Soldaten stellten sich in einer Kette zwischen uns und den Kontrollpunkt, während der Offizier noch mit dem Gespräch und seinen Telefonaten beschäftigt war. Wir dagegen standen sehr unmilitärisch. Vielleicht war ich am nächsten zu der Kette, mit der die Soldaten die Grenze unserer Bewegungsfreiheit anzeigen wollten. Jedenfalls beschloss einer von ihnen, sich direkt an mich heran zu stellen. Ich konnte nun sein Gewehr an meiner Seite spüren und den leichten Druck, mit dem er mir bedeuten wollte, mich weiter zurückzuziehen. Ich stand mit Blickrichtung auf den Offizier und Efrat, die noch zu verhandeln schienen. Ich musste meinen Kopf drehen und nach unten wenden, weil „mein“ Soldat kleiner war. Er trug eine Sonnenbrille und war stumm, fest entschlossen, seinen Körper sprechen zu lassen. Während ich höflich anfragte, ob Englisch eine Sprache zwischen uns sein könnte, erhöhte er den Druck indem er 10 Zentimeter vorrückte. Jetzt musste ich mich schon fast gegen ihn stemmen. Ich glaube, ich stand schief, während ich ihm weitere Angebote machte, sein Anliegen an mich in Worte zu fassen. Keiner der anderen sagte ein Wort. Es war wie auf einer Bühne, wo jeder weiß, jetzt sind Schauspieler A und B dran. Alle Anweisungen, wie wir uns gewaltlos und höflich zu verhalten hätten, gingen mir durch den Sinn. Aber eine Anweisung für diese spezielle Situation war nicht dabei. Unsere Freunde von Ta’ayush haben mir jedenfalls hinterher bescheinigt, dass ich richtig und korrekt gehandelt habe und höflich geblieben sei, nicht spöttisch und nicht eingeschüchtert. Ich hielt die einseitige Unterhaltung am Laufen und meinen schiefen Stand aufrecht. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass der Offizier sich zurück wendete, wo das Aufgebot an weiteren Fußsoldaten, Berittenen und Fahrern in den Jeeps irgendwie in Bewegung geraten war. Offensichtlich waren die Demonstranten in Sichtweite und die Soldaten wurden dort am Kontrollpunkt gebraucht. Sie zogen ab, grußlos, auch mein Soldat, mit der Versicherung von uns, wir würden die Linie, die sie uns gezeigt hatten, nicht überschreiten. Soweit das Vorspiel.
Wir hatten unsererseits den Fahrer des Kleinbusses, mit dem wir in das Dorf An Nu’man gekommen waren, nach oben geschickt, damit er den Kleinbus hinter der Schranke abstellen konnte, falls der Offizier seine Drohung wahr machen und die Schranke schließen lassen würde.
Vor uns lag der Kontrollpunkt. Die schwer mit schusssicher Weste, Helm, Funkgerät und Waffen behängten Reiter waren aufgesessen. Der Kontrollpunkt geschlossen, ein alter Mann auf einem Esel wurde noch durchgewinkt. Von rechts kamen die ersten Spaziergänger: Ausflügler in lässiger Kleidung, die Männer mit Kippa, die Frauen mit verdecktem Haar, langen Röcken und Kindern an der Hand. Einzeln kamen sie an, Erwachsene und Kinder, eine alte Frau, Väter mit Kinderwagen. Zwei oder drei Gewehre konnten wir sehen. Fetzen von Gesang wehte herüber. Eine fast friedliche Szene. Gegenüber auf dem Hang, wo das Dorf Al Khas lag, sammelten sich Zuschauer. Sie standen auf Balkonen, Dachterrassen und auf einem



Hügelvorsprung zwischen Dorf und tief gelegener Straße. Auf dem Hügelvorsprung, das waren Jugendliche. Mehr Jugendliche und Kinder liefen dort hin, vielleicht nicht nur wegen der hübschen Aussicht auf die Ausflügler unter ihnen. Würden sie Steine werfen und damit einen robusten Einsatz von Militär in ihrem Dorf riskieren? Unser Stoßgebet, das wir in den Himmel schickten, wurde erhört. Nein, sie blieben in ihrer Zuschauerrolle. Immer mehr Ausflügler oder Demonstranten liefen durch den Ausschnitt, den uns der Taleinschnitt mit Kontrollpunkt hier gab. Wir hätten gern gesehen, wieweit sie dort gehen würden, wo die Sperranlage den Olivenhain schützte. Carl, einer unserer Freiwilligen aus Bethlehem lief schnell die Straße hinauf, wo eine erhöhte Terrasse für den künftigen Terminal angelegt war und gab uns über Telefon Nachricht, dass die Demonstranten sich vor dem Zaun sammelten.
Unser Interesse konnte sich jetzt auf Al Khas, das auf dem Hang jenseits der Straße lag, konzentrieren. Die Jugendlichen hatten Fahnen in den palästinensischen Farben organisiert, die sie heftig schwenkten. Jetzt ertönte auch Musik. Sie kam offensichtlich aus den Lautsprechern der Moschee. Das hatten wir alle noch nicht erlebt. Hatten sie den Muezzin überwältigt um dort CDs mit Nationalhymne und patriotischen Liedern aufgelegen zu können? Stimmung kam auf.
Brian setzte seine Spiegelreflexkamera mit der großen Vorsatzlinse an und sah sich die Party dort drüben genauer an. Die Soldaten waren locker postiert. Aber sie schickten eine kleine Patrouille nach drüben. Zwei Soldaten marschierten die asphaltierte Straße hinauf und sich ließen auf einem Stein unterhalb vom Ortseingang nieder. Unsere israelischen Freunde von Ta’ayush bewegten die Hüften. Sie waren begeistert, weil sie die Musik aus alten Filmen kannten. Sie ließen die Hüften schwingen.

Musik vom Minarett tönte durch das Tal, wehende Fahnen und lachende Gesichter drüben und bei uns, die Pferde hinter dem Grenzzaun scharrten mit den Hufen. Und tatsächlich ließ der eine der wehrhaften Reiter sein Ross tänzeln. Und der andere tat es ihm nach. Die Siedler kamen zurück, in kleinen Gruppen oder einzeln, wie sie auch gekommen waren. Es war eine professionell durchgeführte friedliche Demonstration. Blumen hatten sie keine gefunden. Aber die Sonne schien. Und das ganze hätte eine friedliche Szene sein können.

Eine der Spaziergängerinnen brachte ein Megaphon zum Vorschein, richtete es auf uns und rief auf Englisch: „Geht nach Hause! Das hier ist unser Land! Richtet Euch in Europa mit den Arabern ein, wenn ihr sie so liebt! Das hier ist jüdisches Land!“ Das war die Stimme der Settler. Die Israelis auf unserer Seite waren sprachlos. Sie hatten kein Megaphon. Und ein Streit mit den Settlern war jedenfalls auch nicht die Aufgabe für diesen Tag.
Die Demonstration war verebbt, die Fahnen am Hang flatterten nur noch leicht im Wind, die wehrhaften Reiter stiegen ab. Und auch wir traten den Heimweg an.
Für mich war es ein Abschied aus diesem Tal. Unsere Zeit hier läuft aus. Wenn ich wieder komme, würde ich gern die Dörfer dort so vorfinden, wie sie jetzt stehen. Mit einem Talgrund, in dem der Wind durch die Olivenbäume weht. Keinen Grenzzaun, keine Mauer möchte ich dann sehen. Vielleicht Spaziergänger, die im Dorf einkehren und Tee oder arabischen Kaffee trinken. Musik könnte aus den Cafes tönen. Und dann möchte ich gerne die Chelmonit blühen sehen. Ich würde sie stehen lassen, wo sie wachsen. Und Soldaten wären ja nicht in der Nähe, denen ich sie bringen müsste. Wer kann mir sagen, wann das sein wird?


Jerusalem,
Sonntag, 10. Dezember 2006, Zweiter Advent

Monday, December 04, 2006

Berichte aus Jerusalem

Berichte aus Jerusalem


Anife – Latife
Für das letzte Stück Weg brauchen wir immer das Telefon. Wir sind an der richtigen Kreuzung aus dem richtigen Bus gestiegen, der richtigen Straße gefolgt und den Hang abwärts gelaufen. Nach 20 Minuten haben wir die Straßensperre mit der Grenzkontrolle erreicht und sie passiert.

Wir sind jetzt im Flüchtlingslager Shu’fat und wissen, dass dies einer der gefährlichsten Orte Jerusalems ist. Wer hat den Kontakt, fragt Brian. Ich hole mein Telefon raus und rufe Diyala an, die Sozialarbeiterin, mit der wir reden wollen. Ihr Telefon ist besetzt. Wir gehen tiefer in das Wohngebiet hinein und versuchen, möglichst sicher zu wirken. Wir tragen unsere Westen mit dem Logo des Ökumenischen Friedensprogramms. Diyala ruft zurück und dirigiert uns. An der besagten Kreuzung, wo der große Gemüseladen ist, will sie uns weitere Weisung geben. Ich halte das Telefon am Ohr und bin schon über die Kreuzung nach links gegangen, Carol ist hinter mir mitten auf der Kreuzung, Kristine und Brian sind am Gemüseladen stehen geblieben. Vor mir bauen sich vier Jugendliche auf. Warum kommen die anderen nicht? Ich wende mich zurück und sehe, dass Kristine von einer Frau mit Kuss auf die Wangen, links und rechts, begrüßt wird. Wen trifft Kristine hier mitten im Flüchtlingslager? Die Frau begrüßt die anderen, Brian mit Handschlag und am Ende auch mich, der zum Gemüseladen zurückgekommen ist. „Sie müssen Gottfried sein“, sagt die Frau. „Dann sind Sie Diyala“, kann ich antworten und das Telefon in die Tasche stecken.

Diyala bringt uns in das Gesundheitszentrum, das von der UN Flüchtlingsbehörde betrieben wird. Hier hat sie ihr Zimmer, hier bietet in dem sie sozial-psychologische Beratung an. Sie führt uns durch das Zentrum, in dem Ärzte und Schwestern ihre Arbeit machen, in viel zu kleinen Räumen, mit zu vielen Patienten, zu früh gealterten Männern und Frauen und Müttern mit Säuglingen. Der Rundgang hat mehr den Zweck, jedem zu zeigen, wer wir sind und zu erklären, was sie mit uns, den Fremden, hier zu tun hat.

Das Flüchtlingslager ist als Zeltstadt 1966 von der Jordanischen Behörde für 17.000 Flüchtlinge bzw. Vertriebene eingerichtet worden. Damals musste ein Stück Innenstadt von Jerusalem aus hygienischen Gründen geschlossen werden. Kein Mensch dachte damals daran, dass das Lager eine Dauereinrichtung mit festen Häusern und der Perspektive für lebenslanges Elend würde. Die Flüchtlinge, genauer gesagt, die Bewohner der zweite Generation haben kleine Häuser vorgefunden, Wohnungen über den kleinen Häusern und allmählich dreistöckige Häuser gebaut. Ein Hausungetüm haben wir besichtigt, in dem sich 17 Wohnungen befinden. Entsprechend sieht die Stadtstruktur im Lager aus: Um zwei Hauptstraßen, in denen auch Autos und Busse fahren, fügen sich Gassen, die manchmal weniger breit als ein Meter sind. Die Infrastruktur in dieser „Stadt“ spottet aller Beschreibung. Müll liegt überall, Kabel hängen planlos von Häuserwänden, die Stadt stinkt. Nachbarn schauen sich über die Gasse in die Wohnungen oder hören einander und werden gehört, auch wo sie lieber ganz unter sich sein wollen. Eine Frau, erzählt Diyala, kommt zu ihr, weil sie mit ihrem Ehemann kein Stück Intimität teilen kann. In den letzten Jahren sind neue Bewohner in das Camp eingedrungen, Leute, die aus Ost-Jerusalem ausgezogen sind, wo das Leben für sie zu teuer geworden ist. Nun ist die Stadt nicht nur unsäglich überfüllt, sondern hat ihre soziale Struktur verloren. Wo sich die Familien vorher kannten, wo soziale Kontrolle und gegenseitige Hilfe funktioniert haben, stellen sich jetzt alle Nachteile einer anonymen Urbanität ein. Die Jugendlichen und die Kinder folgen nicht mehr den tradierten Verhaltensregeln, wo zum Beispiel Frauen und Mädchen auch in der Öffentlichkeit Schutz genießen und nicht einmal angesprochen, geschweige denn berührt werden dürfen. Drogen werden gehandelt und konsumiert.

Während der Intifada ist die Lager-Stadt von Drogen regelrecht überschwemmt worden. Diyala erklärt das als Strategie Israels, das Moral und Gesundheit der Jugendlichen auf diese Weise untergraben wollte. Und sie bot uns im Ernst an, die Straßensperre, an der der einzige Zugang zum Lager kontrolliert wird, zu beobachten. Dann könnten wir mit eigenen Augen sehen und mit Fotos beweisen, dass die Soldaten dort Drogen an Kinder und Jugendliche verkaufen. Es gibt, lautet die Antwort auf meine Frage, keinen Ansprechpartner, keine israelische Behörde im Lager. Die UNO hat ein Selbstverwaltungskomitee organisiert, das aber machtlos ist, besonders wo es um die Kontrolle von Drogenhandel geht. Wir haben uns bei der Militärbehörde beschwert, aber niemand reagiert darauf, sagt sie.

Wir sitzen eng in der Kammer, die Diyala als Beratungszimmer dient. Wir essen von dem Obst und Gemüse, das sie im Laden an der besagten Kreuzung gekauft und das sie dann gewaschen, geschnitten und uns als „Frühstück“ angeboten hat. Bei den Fällen, die sie erwähnt, um die Probleme der Lager-Stadt zu illustrieren, stockt uns der Atem. Am schwersten aber fällt uns der Bericht über den sexuellen Missbrauch auf die Seele, den sie, immer mit Fällen aus ihrer Praxis, gibt. Mädchen und Jungs werden sexuell missbraucht, die Mädchen in den Wohnungen und die Jungs hinter den Bäumen, die unten am Hang, am Lagerrand stehen. Frauen werden geschlagen und Mütter sind nicht in der Lage, ihre Töchter zu schützen.

Diyala nimmt uns mit in die Mädchenschule. Hier gibt sie regelmäßig, einmal die Woche, sexuellen Aufklärungsunterricht. Nicht allgemein, sondern gezielt gegen den Missbrauch dieser Mädchen, die sie hier in der Schule vor sich hat. Wir glauben es kaum, die Direktorin, die wir als erstes in der Schule begrüßen müssen, führt uns – nicht in die fünfte oder sechste, sondern in die erste Klasse.

37 Mädchen im Alter zwischen 6 und 7 Jahren sitzen hier eng in der Klasse. Sie machen die hinteren Bänke frei, damit wir dort sitzen und zuhören können. Zunächst führt die Lehrerin ihren Unterricht fort. Sie benutzt ein Buch und lässt die Kinder eine Seite aufschlagen, auf der eine ländliche Szene mit Bäumen und Tieren dargestellt ist. Sie fragt offensichtlich: Wie viele Pferde, wie viele Hasen seht ihr? Und wir üben im Stillen mit und murmeln die richtige Zahl auf Arabisch, falls wir schneller als die Kinder sind. Und suchen in der Zahlenreihe über der Tafel die richtige arabische Ziffer aus, die von einem der Mädchen in das Kästchen an der Tafel eingetragen werden muss. Das ist eigentlich eine sehr schöne Übung für uns und nicht nur mir kommt der Gedanke, dass wir an diesem Unterricht teilnehmen könnten, weil die Lehrerin langsam und deutlich spricht und die Kinder das gemeinsam laut wiederholen, so dass wir die Vokabeln für Pferd und Hase und Hühner und natürlich für eins oder drei oder vier und so weiter lernen könnten.

Die Kinder sind sauber und hübsch angezogen, haben verschiedene sorgfältig gerichtete Frisuren für ihre langen schwarzen Haare und sie können lachen, dass einem das Herz aufgeht. Ihr Anblick ist ein Kontrast zu der Wohnsituation, in der Vernachlässigung und Armut herrschen. Der Blick aus dem Fenster fließt mit den chaotischen Häuserreihen abwärts und weiter die fernen Hügelketten hinab bis in das Jordantal, auch das ein Kontrast zwischen der herben Schönheit der Bergwüste und der unwürdigen Ansiedlung von Menschen, die niemand haben will. Die Mittagssonne leuchtet die Szene gnadenlos oder liebevoll oder gleichgültig aus, die Szene eines vergewaltigten Landes.

Die Lehrerin tritt zurück. Diyala übernimmt. Sie hat uns vorher erklärt, dass sie ihren Aufklärungsunterricht heute fortsetzen wird und zwar „über das gute und das böse Streicheln“. Sie zeigt den Kindern Zeichnungen, Kopien, die sie offensichtlich aus einem Buch hat. Es sind Zeichnungen von Mädchen, die sich in verschiedenen Situationen befinden: umarmt vielleicht vom Vater; gezerrt, vielleicht vom Bruder; in Berührung mit verschiedenen Situationen, mit Mutter, Onkel, Fremden. Die Klasse soll entscheiden, ob das Mädchen glücklich oder unglücklich aussieht, ob es sich um eine gute oder eine gefährliche Situation handelt, um eine gute oder eine böse Berührung. Die Mädchen streiten und einigen sich am Ende. „Anife“ (gut), rufen sie im Chor, oder „lanife!“ (schlecht). Diyala bestätigt das Urteil und geht weiter zum nächsten Bild.

Die Mädchen sind hoch konzentriert. Sie melden sich, wenn ein Bild nachgestellt oder gespielt werden soll, aber dann agieren sie scheu und vorsichtig. Die Klasse lacht, wenn das Rollenspiel gelingt und dankt den Akteurinnen mit Klatschen. Wir fühlen uns unwohl und werden die Angst nicht los, dass eine Situation zu dicht gerät. Immerhin sagt die Statistik, dass ein Teil dieser Mädchen von dem Missbrauch, um den es hier geht, bereits betroffen ist. Und tatsächlich steigen immer wieder Schülerinnen aus, legen ihren Kopf auf den Tisch, halten sich die Ohren zu, oder haben den abwesenden Blick. Diyala macht unbeirrt und ohne Verlegenheit zu zeigen weiter. Mit Tempo geht sie zum nächsten Thema: Mädchen im Bad. Hier heißt der Lehrsatz: Nur die Mutter darf mit der Tochter im Bad sein, keine andere Person. Der letzte Teil der, wie wir finden, langen und anspruchsvollen Unterrichtsstunde zielt geradewegs auf Situationen, in denen Mädchen sexuell berührt und belästigt werden. Sie sollen lernen, NEIN! zu sagen. Das ist schwer, weil das der arabisch-muslimischen Kultur widerspricht. Mädchen haben zu gehorchen, Vätern, Brüdern, Onkels, ohne Widerrede. Hier also ein Kulturbruch. Die Lehrerin zeigt Nervosität.
Es war warm geworden im Klassenraum, klar mit über 40 Personen und der Sonne auf den Fenstern. Diyala hatte zwischendurch Fenster und Tür zum Klassenraum geöffnet. Ein frischer Wind ist durch gezogen. Jetzt macht sie beides zu. Die Mädchen sind mucksmäuschenstill. Was hat sie vor? Sie erzählt langsam, offensichtlich malt sie eine Situation aus. Sie fordert die Mädchen auf, wie sie eben gelernt haben, zu reagieren. Also? Und ein 37-stimmiges laut geschrienes „LA!“, NEIN erschüttert den Raum.

Zumindest von uns, den Beobachtern, kann ich zu Protokoll geben, dass wir tief bewegt sind: von der Ernsthaftigkeit der Psychologin und der emotionalen Dichte mit der dieser Unterrichtsstoff von den 6 und 7 Jahre alten Mädchen verhandelt worden ist.

Wir schließen unseren Besuch im Lager von Shu’fat mit einem kleinen Rundgang ab. Wir gehen durch eine der beiden Hauptstraßen und durch einige der kleinen Gassen, die hier vor allem den Hang aufwärts führen. Wir hören den Erklärungen von Diyala zu, über die Geschichte des Lagers und immer wieder über Einzelfälle, die die Lebenssituation hier beschreiben. Als hätte es des Beweises bedurft, werden wir beworfen. Diyala kriegt einen Kiesel an den Hinterkopf, Carols Hose Teile eines rohen Eies und mein Rucksack Eseldung. Kinder, nicht Jugendliche, bewerfen uns. Sie rufen uns hinterher: What is your name? Oder einfach „Fuck you“. Diyala fasst zusammen: Seht ihr, das wollte ich euch sagen, ihr könnt hier nicht allein rum laufen und es wird eine Weile dauern, wenn einer von euch hier arbeitet, bis ihr bekannt seid und akzeptiert. Na ja, denke ich im Stillen, und es wird auch eine Weile dauern, bis wir, was es hier zu verstehen gibt, wirklich verstanden haben. Und akzeptiert. Anife und Latife.

Vorerst läuft unser Tagewerk weiter. Wir sitzen zu dritt im Bus nach Ramallah. Der Bus muss einen weiten Umweg immer östlich von Jerusalem fahren, das heißt in diesem Fall, immer ins Tal hinunter und wieder hinauf. Manchmal kommen wir der Mauer oder dem Zaun näher, dann entfernen wir uns wieder. Einmal habe ich das Gefühl, ich kann Jericho sehen. Die Fahrt beträgt normalerweise fünf Kilometer, aber mit dieser Grenze ist es mindestens das Dreifache. Ich habe das Telefon am Ohr und gebe meinem Kontakt in Ramallah bescheid, dass ich mich verspäten werde. Latife, schlecht.


Jerusalem, am 1. Advent